Kiri Karl Morgensternile
Date
1825-01-28
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Abstract
Hochgeborner Herr,
Hochzuehrender Herr Staatsrath,
Ew. Hochgeboren würdigten mich neulich bei mei-
ner Anwesenheit in Dorpat eines Antrages, den
anzunehmen vortheilhaft schien, was ich jedoch
nicht sogleich auf der Stelle thun konnte, weil
so mancherlei für mich zu erwägen war: indeβ
hatten Hochdieselben aber auch noch die Güte eine
Bedenkzeit zu geben. Jetzt würde ich, wenn ich
mich nicht verspätet haben sollte, um Ew Hoch-
geboren Empfehlung bitten und zwar zu Gun-
sten eines Freundes. Derselbe ist kein Zögling
unserer
unserer Hochschule und ich wage deβhalb die Bitte
nur, weil ich als Freund dienen möchte – in der
Hoffnung, daβ ich dabei nicht unerkenntlich erschei-
ne, wenn ich die mir zugedachte Begünstigung
einem Fremden zuwenden möchte, dem ich wohl-
will. Derselbe, ein junger Mann von meinem
Alter, ist aus Lüneburg, hat in Göttingen die
Theologie studirt, daselbst an den Uebungen im
philologischen Seminar theilgenommen; aus Hang
in der Weite sich umzusehen, folgt er einem
Rufe nach Ehstland – und würde jetzt, da er sei-
ner ersten Condition ledig, einen Schritt tiefer
hinein in das ungeheure Reich wagen, dessen Saum
er schon betreten. Seinen Kenntnissen nach wird
er
er wohl genügen und für seinen sittlichen Gehalt
möchte ich stehen, wenn’s auf meine Bürgschaften –
käme und endlich worauf man – besonders in einem
vornehmen Hause – vielleicht Rücksicht nehmen könnte,
eine gewisse Geschmeidigkeit sich in den herrschen-
den Ton solcher geselligen Verhältnisse, in die er
gerathen könnte, hineinzufinden, geht ihm nicht
ab, wohnt ihm im Gegentheil im hohen Grade bei.
Er hält sich gegenwärtig beim Pastor Spindler in
Halljall auf, der, wie ich höre sich auch rücksichtlich
des Candidaten Ernst an Ew Hochgeboren hat wenden
wollen. Im Falle, daβ die Stelle noch nicht vergeben
und mein Gesuch Berücksichtigung verdient, würde
H Ernst aus Lüneburg persönlich aufwarten.
Schlieβlich hätte ich mir noch einen belehrenden
Wink auszubitten.
Mit aller Hochachtung verharre
Ew Hochgeboren
ergebener Diener
J. Nocks.
Sitz den 28sten Januar
1825.